74533-01 DOZUBA Ringvorlesung: Einführung in die disziplinäre Vielfalt der Universität

Mit kurrikulärer Integration des online Einführungskurses über Transdisziplinarität: «Partnering for change: Link research to societal challenges» https://tales.nmc.unibas.ch/en/partnering-for-change-link-research-to-societal-challenges-46/

Hintergrund

Auf dem Grabstein von Erasmus von Rotterdam im Basler Münster werden seine universalen Kenntnisse “in omni disciplinarum genere” gewürdigt. Seit dem 16. Jahrhundert ist das akademische Wissen jedoch derart angewachsen, so dass heute niemand mehr auch nur annähernd alles wissen kann. In der Datenbank der biomedizinischen Forschung Pubmed sind mehr als 30 Millionen Artikel aufgeführt. Vertreterinnen[1] einzelner Wissenschaften drohen immer wieder der Versuchung zu erliegen, sich innerhalb ihres Denkkollektivs[2] als allein kompetent zu verstehen und alle anderen als inkompetent.

Die zunehmende Aufsplitterung der Wissenschaften ist gleichzeitig ihr Erfolg und ihre Schwäche. Denn die heutigen komplexen Probleme wie Klimawandel, Artenverlust, Migrationsströme und Konflikte können nicht mehr von einzelnen Wissenschaften bewältigt werden. Darum brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Die Philosophin Corine Pelluchon plädiert für eine eine verstärkte disziplinübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften, sowie mit den gesellschaftlichen Akteuren in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft[3] [1].

Hinzu kommt heute, dass die Künstliche Intelligenz (KI) die Wissenschaften grundlegend beeinflusst und verändert, indem sie Forschungsprozesse automatisiert, Datenauswertung beschleunigt, neue methodische Ansätze ermöglicht und als Innovationsmotor wirkt. Trotz vieler Vorteile bestehen Herausforderungen – etwa die kritische Prüfung von KI-generierten Inhalten, Fragen der Nachvollziehbarkeit und die Wahrung wissenschaftlicher Integrität.

Die Vorlesungsreihe nimmt sich dieser Anliegen an und bietet den Dozierenden, Studierenden sowie allen Interessierten eine Einführung in ausgewählte Wissenschaftsdisziplinen. Die Teilnehmerinnen lernen ausgewählte Wissenschaften in ihren Grundzügen kennen und sie wertzuschätzen. Sie werden anhand von Beispielen angeleitet, darüber nachzudenken, wie ihre eigene akademische Disziplin mit anderen ausgewählten Disziplinen zusammenhängt: Dies ermöglicht ihnen die disziplinäre Vielfalt der Universität kennenzulernen und trägt dazu bei, eine umfassende Sichtweise der Wissenschaften zu gewinnen. Damit schaffen wir eine erste Grundlage für eine breite generalistische, inter- und transdisziplinäre Grundkompetenz, die ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten kann. Die Vereinigung der Gruppierung 2. (DOZUBA) der Universität Basel umfasst über tausend Titularprofessorinnen, Dozentinnen und Lehrbeauftragte aus allen Fakultäten. Die DOZUBA ist somit sehr gut geeignet, eine Einführung in die disziplinäre Vielfalt an der Universität Basel zu koordinieren. Die Einführungsvorlesung vermittelt in der gebotenen Kürze eine Übersicht über ausgewählte Wissenschaftsdisziplinen. Neben der Systematik, wesentlichen Inhalten, der verwendeten Sprache(n), der Art der Wissensgewinnung (Epistemologie) und den Vorstellungen des Seienden (Ontologie) behandeln die Dozierenden in diesem Jahr als Schwerpunkt, wie sie KI in ihrem Fachgebiet anwenden und wie diese die Wissensgewinnung verändert.

In Zusammenarbeit mit dem Innovation Office der Universität Basel und zur Vorbereitung der Prüfung sind die Studierenden eingeladen, Kleingruppen von 3-4 Personen zu bilden und eines der gegenwärtigen komplexen Probleme auszuwählen. Im Verlauf des Semesters beantworten sie folgende Fragen: Welche Fachdisziplinen sind zur Problemlösung benötigt? Wie setzen sie einen transdisziplinären gesellschaftlichen Prozess dazu ein? Wie kann die KI zur Problemlösung beitragen? Auf Wunsch können die Arbeitsgruppen ihre Ideen mit dem Innovation Office besprechen. Einzelne Gruppen (5-6) können freiwillig ihre Überlegungen in der Abschlussveranstaltung vorstellen (nicht Teil der Prüfung).

Die Schweizerischen Akademien unterstützen ihrerseits das Anliegen eines breiteren Verständnisses der Diversität der Wissenschaften durch die Publikation des Buchs von Luc Saner  «Allgemeiner Teil der Wissenschaften – Auf dem Weg zur Einheit der Wissenschaft und zu einem echten Studium generale» (www.einheit.science)

 (https://akademien-schweiz.ch/de/publications/allgemeiner-teil-der-wissenschaften/ ).

Die Kreditpunkte der Vorlesung und der Seminare werden den Studierenden zu ihrem Grundstudium angerechnet. Zur Sicherheit werden die Studierenden gebeten die Anrechnung mit dem Studiensekretariat ihrer Fakultät zu überprüfen.

 


[1] Generisches femininum schliesst alle ein.
[2] Im Sinne von Ludwig Fleck
[3] Sieh auch Markus Gabriel, Der Mensch als Tier, Ullstein (2022)